8. März 2022
Große Sorge um Flüchtende mit Behinderungen aus der Ukraine
Die Behindertenbeauftragten der Länder und des Bundes sorgen sich um ukrainische Geflüchtete mit Behinderungen. Deren besondere Belange müssten schon bei der Ankunft identifiziert und berücksichtigt werden, fordern sie. Auf Landesebene sollen dafür Lotsen bestimmt werden, die die ersten Schritte koordinieren. Auch die Kommunen, in denen Geflüchtete später unterkommen, müssten auf die besonderen Regelungen für Flüchtlingen mit Behinderungen hingewiesen werden, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung der Behindertenbeauftragten.
Ein wichtiger Punkt ist, dass es sich bei den Flüchtenden nicht um Asylbewerber, sondern um Vertriebene handelt, für die weitergehende gesetzliche Regelungen der Betreuung und Krankenversorgung gelten. Für Vertriebene mit Behinderungen sind noch einmal zusätzliche Bestimmungen wichtig, zum Beispiel schnelle Eingliederungsmaßnahmen.
Die Behindertenbeauftragten fordern zudem dringend die Einrichtung von humanitären Korridoren für die Rettung in der Ukraine verbliebener Menschen mit "einer hohen Vulnerabilität", die nicht eigenständig das Land verlassen können.
Außerdem sei die Situation von Kindern mit und ohne Behinderungen in ukrainischen Pflege- oder Waisenheimen Besorgnis erregend. Die Behindertenbeauftragten regen an, dass Bundes- und Landesregierungen für diese Kinder "unverzüglich" ein Aufnahmeprogramm auflegen.
Die Forderungen der Behindertenbeauftragen für eine gute Unterbringung und Versorgung im Einzelnen:
- Systematische Identifizierung von Geflüchteten mit Behinderungen und ihrer Bedarfe bei Ankunft sowie Benennung übergeordneter Lotsen auf Landesebene zur Koordination erster Schritte nach Ankunft.
- Unmittelbare Bereitstellung dringend erforderlicher Hilfsmittel.
- Bedarfsgerechte Unterbringung, möglichst außerhalb von Sammelunterkünften.
- Für die medizinische Versorgung der Vertriebenen ist mit den Krankenkassen flächendeckend eine „auftragsweise Betreuung“ zu vereinbaren.
- Die Kommunen sind auf die Sonderregelung für Vertriebene hinzuweisen. Vertriebenen, die besondere Bedürfnisse haben, wird danach die erforderliche medizinische oder sonstige Hilfe gewährt. Damit haben Vertriebene mit Behinderungen bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen auch einen Anspruch auf Leistungen der Eingliederungshilfe. Gleiches gilt für psychotherapeutische Leistungen. Um eine möglichst einheitliche und unkomplizierte Leistungsgewährung zu ermöglichen, ist z.B. durch ein Rundschreiben darüber zu informieren.
- Sicherstellung, dass für die Unterbringung in Aufnahmeeinrichtungen und Gemeinschaftsunterkünften Schutzmaßnahmen für Frauen und andere schutzbedürftige Personen wie Menschen mit Behinderungen getroffen sind bzw. werden.
- Unverzügliche Eingliederung von Kindern mit Behinderungen in Kitas und Schulen.
- Schneller und unkomplizierter Zugang zu tagesstrukturierenden Maßnahmen (z.B. Tagesstätten der gemeindepsychiatrischen Dienste und Werkstätten für behinderte Menschen).
- Barrierefreie Informationsangebote, Informationen in Leichter Sprache, Dolmetschung sowie Gebärdensprachdolmetschung vorhalten.
- Zudem wird auf das Beratungsangebot der kommunalen Beauftragten für die Belange von Menschen mit Behinderungen sowie der Ergänzenden Unabhängigen Teilhabeberatung (EUTB) hingewiesen.
(kmh)
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