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25. August 2023

Work & Hear: "Hörschädigung soll kein Tabuthema mehr sein"

Am 28. September startet ein neuer Online-Austausch für hörgeschädigte Berufstätige. Andrea Muschalek und Peter Weckert vom BayCIV über ihr neues Projekt „Work & Hear“.

Wie kam es zu der Idee einer Austauschrunde für Hörgeschädigte im Arbeitsleben?

Andrea: Ich hatte schon vor Jahren in meiner Selbsthilfegruppe in Augsburg das Bedürfnis gehabt, ein Angebot für Berufstätige zu schaffen. Schließlich haben sie neben der Arbeit nicht immer die Zeit,  Kraft oder auch das Interesse, eine reguläre SHG aufzusuchen. Dennoch gibt es viel Informationsbedarf. Die SHG für Berufstätige ließ sich aber erst in diesem Jahr umsetzen. Parallel dazu kam die Idee einer Online-Austauschplattform auf, über welches wir noch niedrigschwelliger und ortsunabhängig Menschen erreichen können.

Peter: Ich bin erst seit anderthalb Jahren CI-Träger und noch relativ frisch in der Selbsthilfe aktiv. Für mich ist es ein Herzensanliegen, dass Hörgeschädigte nicht nur den Umgang mit der Technik souverän beherrschen, sondern mit einem gesunden Selbstbewusstsein im Leben stehen und so das Thema Hörschädigung in die Gesellschaft tragen und darüber aufklären. Hörschädigung soll kein Tabuthema mehr sein. Das geht nur über Austausch. Daher habe ich mich gern bereit erklärt, beim
Aufbau der neuen Online-Plattform zu unterstützen.

Angekündigt ist das Treffen als „lockere, ungezwungene Austauschplattform“. Worauf können sich Interessierte einstellen? 

Andrea: Bei unserem Premieren-Treffen wollen wir ein bisschen ausloten, wofür sich die Teilnehmenden besonders interessieren. Das Kennenlernen steht daher im Vordergrund. Zudem haben wir eine kleine Überraschung vorbereitet. Für die Zukunft, wir wollen uns alle zwei Monate treffen, ist geplant, die Themen, die aufkommen, nach und nach schwerpunktmäßig zu besprechen und auch mal Vortragende dazu einzuladen. 

Welche Themen liegen euch dabei selbst besonders am Herzen? 

Peter: Über viele Jahre war ich der festen Überzeugung, den Hörenden beweisen zu müssen, nicht nur gleich gut, sondern besser sein zu müssen als Hörende – nur um anerkannt zu werden. Die Quittung war ein zweifacher Hörsturz. Eine Logopädin öffnete mir nach der Implantation die Augen: "Weißt du, was du alles tust, bis du überhaupt was hörst und verstehst?" Da erst habe ich verstanden, dass das Sprachverstehen unter dem Vorzeichen einer Hörschädigung an sich bereits eine Leistung darstellt. Diese Botschaft möchte ich gern Hörgeschädigten, aber auch Hörenden vermitteln. 

Andrea: Aufklärung ist auch mir sehr wichtig. An meiner früheren Arbeitsstätte hatten mich Kollegen als arrogant eingestuft, weil ich auf Ansprache nicht reagierte. Das löste sich erst auf, als mich jemand nach dem Grund fragte. Ich war ganz erstaunt und erklärte, dass ich es einfach nicht mitbekomme, wenn mich jemand von hinten anspricht. Danach war allen klar, wer etwas von mir wollte, musste mich von vorn ansprechen oder antippen. Solche Missverständnisse können aber schnell zu einem schlechten Arbeitsklima führen. 

Richtet sich diese Gruppe ausschließlich an Selbstbetroffene oder können auch Menschen, die beruflich mit dem Thema Kontakt haben, an den Runden teilnehmen?

Peter: Wenn wir Teilnehmern auch aus diversen Berufssparten, die mit Hörschädigung zu tun haben, dazu gewinnen können, wie zum Beispiel Logopäden oder Audiologinnen oder sonstiges medizinisches Personal (insb. der HNO), dann wäre das natürlich eine tolle Bereicherung für uns. ​

Andrea: Auch Interessierte, Angehörige und auch Arbeitgeber sind herzlich Willkommen, um sich zu informieren. Wir sind für alle offen.

Peter: Meine Logopädin prägte mir ein wunderbares Bild, nämlich das der Brücke, die die Kluft zwischen zwei Welten überbrückt – in unserem Fall die Welt der Hörgeschädigten und die der Hörenden. Eine stabile Brücke wird von beiden Seiten gebaut und man trifft sich in der Mitte. Je mehr wir Hörgeschädigten Partner auf der hörenden Seite haben, desto leichter können wir uns in der hörenden Welt bewegen. 

Das Interview führte Marisa Strobel.

Das Auftakttreffen findet am 28. September von 19 bis 21 Uhr via Zoom statt. Um Anmeldung bis zum 25. September wird gebeten. Es steht eine KI-basierte Transkription zur Verfügung. Der Bedarf einer Gebärdensprachdolmetschung kann via E-Mail angegeben werden. Kontakt: work-hear@bayciv.de

 

Foto: privat 
 Foto: privat

 Andrea Muschalek ist zertifzierte Audioberaterin, Mitglied des erweiterten Vorstandes des BayCIV und Leiterin der SHG „Hören & Leben Augsburg“. Sie ist von Kindheit an hörgeschädigt. Ihre CIs ließ sie sich 2015 und 2016 implantieren.
Peter Weckert ist ebenfalls mit einer Hörschädigung aufgewachsen. Seine CIs erhielt er 2022 im Abstand von wenigen Monaten. Peter hat Theologie, Philosophie und Informatik studiert und arbeitet nun hauptberuflich im IT-Bereich sowie als EUTB-Berater. 




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