30. September 2021

Gehörlosengeld: Wo gibt es das und wer hat Anspruch darauf?

Gehörlosen Menschen wird in mittlerweile fünf Bundesländern auf Antrag ein Gehörlosengeld zum Ausgleich von Mehraufwendungen gewährt. Das Gehörlosengeld ist einkommens- und vermögensunabhängig und muss beantragt werden. Wer ist antragsberechtigt und wie hoch sind die Leistungen? Eine Übersicht

Baden-Württemberg

  • Gehörlosengeld: Nein
  • Taubblindengeld: Nein

Bayern

  • Gehörlosengeld: Nein
  • Taubblindengeld: Die Leistung für Taubblinde beträgt monatlich 1.302 Euro und für Taubsehbehinderte 390,60 Euro.
  • Vorraussetzung: Für den Antrag müssen Blindheit bzw. eine hochgradige Sehbehinderung ebenso wie mögliche zusätzliche Taubheit durch eine medizinische Beurteilung nachgewiesen sein.
  • Informationen zur Antragstellung: Zuständig für den Antrag auf Taubblindengeld ist die Regionalstelle des Zentrums Bayern Familie und Soziales, im Zuständigkeitsbereich des Wohnsitzes.

2018 startete der Landesverband Bayern der Gehörlosen e.V. eine Petition, die ein Bayerisches Gehörlosengeld fordert.

Berlin

  • Gehörlosengeld: Seit 2003 haben gehörlose Menschen in Berlin laut Landespflegegeldgesetz (LPflGG) Anspruch auf Gehörlosengeld.
  • Voraussetzungen: Anspruchsberechtigt ist, wer einen Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt im Land Berlin hat und eine angeborene oder bis zum 7. Geburtstag erworbene Taubheit oder an Taubheit grenzenden Schwerhörigkeit nachweisen kann. Personen, die erst später die Taubheit oder an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit erworben haben, gelten nur dann als Gehörlose, wenn der Grad der Behinderung wegen schwerer Sprachstörungen mehr als 90 beträgt.
  • Höhe: Die Leistungen nach dem Landespflegegeldgesetz werden unabhängig vom Alter der Betroffenen oder sonstigen Einkommen und Vermögen gewährt, da sie keine Leistungen der Sozialhilfe sind. Das Landespflegegeld für Gehörlose beträgt monatlich 153,09 Euro (= 20 % der Blindenhilfe). Die Höhe von Gehörlosengeld und Blindengeld beziehen sich beim Landespflegegeld aufeinander. Leistungen der Pflegeversicherung werden angerechnet. Bei einem längeren Aufenthalt in einer Klinik oder Pflegeeinrichtungen wird der Betrag gekürzt. Das Gehörlosengeld wird nicht rückwirkend gezahlt.
  • Informationen zur Antragsstellung: Der Antrag auf Landespflegegeld ist beim Landesverwaltungsamt Berlin zu stellen und kann auf der Seite Service Portal Berlin heruntergeladen werden. Weitere Informationen sind bei der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales zu finden.
  • Taubblindengeld: Taubblinde mit eingetragenem Merkzeichen TBl erhalten monatlich 1.189 Euro und hochgradig Sehbehinderte mit Gehörlosigkeit (z. B. Usher-Betroffene): 306,17 Euro (= 40 % der Blindenhilfe)

Brandenburg

  • Gehörlosengeld: Seit 1995 legt das Landespflegegeldgesetz (LPflGG) einen Anspruch auf Gehörlosengeld in Brandenburg fest.
  • Voraussetzungen: Anspruchsberechtigt sind Antragssteller mit angeborener oder bis zum 7. Geburtstag eingetretenen Taubheit bzw. an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit oder solche mit einem nachgewiesenen Grad der Behinderung (GdB) von 100 aufgrund schwerer Sprachstörungen. Besteht kein gewöhnlicher Aufenthalt im Land Brandenburg, ist das Landesamt für Soziales und Versorgung die zuständige Behörde.
  • Höhe: Das Landespflegegeld für Gehörlose beträgt monatlich 106,60 Euro. Der Betrag wird gekürzt, wenn Betroffene die Ausgleichsangebote nicht wahrnehmen, wenn teilstationäre Betreuung in Anspruch genommen wird oder Pflegesachleistungen gewährt werden (bzw. Anrechnung).
  • Informationen zur Antragsstellung: Das zuständige Sozialamt des Landkreises oder der Stadt nimmt Anträge entgegen. Das Gehörlosengeld wird frühestens ab dem Antragsmonat bezahlt.
  • Taubblindengeld: Nein

Bremen

  • Gehörlosengeld: Nein
  • Taubblindengeld: Nein
  • Kostenübernahme für Gebärdensprachdolmetschereinsätze: Gehörlose können die Kostenübernahme für Dolmetschereinsätze in Gebärdensprache bei wichtigen privaten Anlässen (Notar, Anwalt, Eigentümer-/Mieterversammlung, kirchliche Anlässe etc.) beim Landesverband der Gehörlosen Bremen beantragen. Der LV hat dafür ein Budget vom Sozialsenat zur Verfügung.

Hamburg

  • Gehörlosengeld: Nein
  • Taubblindengeld: Nein

Hessen

  • Gehörlosengeld: Am 8. Juli 2021 hat der Hessische Landtag das „Gesetz zur Teilhabe von Menschen mit Sinnesbehinderungen“ und die Einführung eines Gehörlosen- und Taubblindengeldes einstimmig beschlossen.
  • Voraussetzungen: Nur Gehörlose mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 100 und dem Merkzeichen Gl haben Anspruch auf Gehörlosengeld.
  • Höhe: Das Gehörlosengeld beträgt monatlich 150 Euro.
  • Informationen zur Antragsstellung: Genaue Informationen zur Antragsstellung findet man beim Landeswohlfahrtsverband Hessen. Das Gesetz wird in fünf Jahren erneut überprüft.
  • Taubblindengeld: Das Taubblindengeld beträgt das Doppelte des Blindengelds und damit bis zu 1300 Euro monatlich.

Mecklenburg-Vorpommern

  • Gehörlosengeld: Nein
  • Taubblindengeld: Nein

Niedersachsen

  • Gehörlosengeld: Nein
  • Taubblindengeld: Nein

Nordrhein-Westfahlen

  • Gehörlosengeld: Das Gesetz über die Hilfen für Blinde und Gehörlose (GHBG) von Nordrhein-Westfalen wurde 1997 verabschiedet.
  • Voraussetzungen: Antragsberechtigt ist, wer keine entsprechenden Leistungen nach bundes- oder anderen landesrechtlichen Vorschriften erhält und den gewöhnlichen Aufenthalt im Land Nordrhein-Westfalen hat. Als gehörlos eingestuft werden Personen mit angeborener oder bis zum 18. Lebensjahr erworbener Taubheit oder an Taubheit grenzender Schwerhörigkeit.
  • Höhe: Die Leistung beträgt 77 Euro monatlich.
  • Informationen zur Antragsstellung: Ansprechpartner sind kommunale Behörden oder die Abteilung Sozialhilfe/Eingliederung der Landschaftsverbände. Das Antragsformular auf Gehörlosengeld kann beim Landschaftsverband Rheinland heruntergeladen und sowohl beim LVR als auch bei der Gemeinde- oder Kreisverwaltung eingereicht werden.
  • Taubblindengeld: Nein

Rheinland-Pfalz

  • Gehörlosengeld: Nein
  • Taubblindengeld: Nein

Saarland

  • Gehörlosengeld: Nein
  • Taubblindengeld: Nein

Sachsen

  • Gehörlosengeld: Grundlage für einen finanziellen Nachteilsausgleich für Gehörlose ist das Landesblindengeldgesetz von 2001.
  • Voraussetzungen: Das Gehörlosengeld wird Gehörlosen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt in Sachsen ab dem 1. Geburtstag gewährt. Auch Grenzgänger, die in Sachsen arbeiten, oder ins Ausland entsendete Mitarbeiter eines sächsischen Unternehmens haben Anspruch darauf. Nötig ist ein GdB von 100.
  • Höhe: Die Leistung beträgt 130 Euro monatlich.
  • Informationen zur Antragsstellung: Die Antragsstellung erfolgt beim Landkreis oder in kreisfreien Städten. Die Antragsformulare entsprechend des Wohnortes und nähere Informationen sind beim Landesverband der Gehörlosen Sachsen zu finden.
  • Taubblindengeld: Gleichzeitig blinde und gehörlose Menschen im Sinne des LBlindG erhalten zusätzlich 300 Euro pro Monat.

Sachsen-Anhalt

  • Gehörlosengeld: Seit 1992 gewährleistet in Sachsen-Anhalt das Gesetz über das Blinden- und Gehörlosengeld im Land Sachsen-Anhalt (LBliGG) ein Gehörlosengeld.
  • Voraussetzungen: Antragsberechtigt sind Menschen mit angeborener oder später erworbener Taubheit, wenn der GdB infolge der Taubheit und mit der Taubheit einhergehender schwerer Sprachstörung 100 beträgt. Der Wohnsitz oder gewöhnliche Aufenthalt der Person muss in Sachsen liegen oder eine Berechtigung aufgrund bestimmter Verordnungen vorliegen.
  • Höhe: Das Gehörlosengeld beträgt monatlich 54,57 Euro und wird nicht rückwirkend gezahlt.
  • Informationen zur Antragsstellung: Der Antrag ist beim Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt zu stellen, wo man auch nähere Informationen erhält.
  • Taubblindengeld: Ein Taubblindengeld ist nicht extra ausgewiesen.

Schleswig-Holstein

  • Gehörlosengeld: Nein
  • Taubblindengeld: Taubblinde erhalten altersunabhängig 400 Euro monatlich.

Thüringen

  • Gehörlosengeld: Das Thüringer Gesetz über das Sinnesbehindertengeld wurde 2018 verabschiedet.
  • Voraussetzungen: Antragsberechtigt ist, wer seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Thüringen hat. Als gehörlos im Sinne des Gesetzes gelten Menschen mit angeborener oder erworbener Taubheit beiderseits oder Menschen mit angeborener oder erworbener an Taubheit grenzender Schwerhörigkeit beiderseits, mit einer Hörbehinderung des Merkzeichens GI. Als taubblind im Sinne dieses Gesetzes gilt, wer wegen einer Störung der Hörfunktion ein Grad der Behinderung von mindestens 70 und wegen einer Störung des Sehvermögens ein Grad der Behinderung von 100 anerkannt ist. Keinen Anspruch auf Sinnesbehindertengeld in Thüringen haben Menschen, die entsprechende Leistungen nach anderen Gesetzen erhalten, z.B. nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) oder von der gesetzlichen Unfallversicherung.
  • Höhe: Das Gehörlosengeld beträgt monatlich 100 Euro. Menschen, die im Gefängnis, in Sicherungsverwahrung oder wegen eines Gerichtsurteils in einer Klinik oder Anstalt untergebracht sind, erhalten 91,20 Euro monatlich.
  • Informationen zur Antragsstellung: Der Antrag ist beim Thüringer Landesverwaltungsamt zu stellen. Das Download des Formulars ist unter dem Suchbegriff „Sinnesbehindertengeld“ zu finden.
  • Taubblindengeld: Gehörlose, die gleichzeitig blind sind, erhalten 500 Euro. Bewohnerinnen und Bewohner einer stationären Einrichtung, wie zum Beispiel einem Pflegeheim, erhalten nur 182,40 Euro. (sk)

Dieser Artikel erschien in der Schnecke 113/September 2021.


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