13. Juli 2021

„Gleich taub, ungleich behandelt“ – CIV HRM nimmt Stellung zum neuen Gehörlosengeld in Hessen

Der hessische Landtag hat die Einführung eines Gehörlosen- und eines Taubblindengeldes beschlossen. In einer Stellungnahme beklagt der Selbsthilfeverband Cochlear Implant Verband Hessen-Rhein-Main e. V. die daraus resultierende Ungleichbehandlung gehörloser Menschen.

Entgegen mehrerer vorangeganger Hinweise auf Nachbesserungsbedarf haben Gehörlose nur mit einem Grad der Behinderung  (GdB) von 100 und dem Merkzeichen „Gl“ für „Gehörlos“ Anspruch auf das neue Gehörlosengeld in Hessen. „Während jene jubeln, die unter diese Definition fallen, sind andere zutiefst enttäuscht, die zwar vom Versorgungsamt als GEHÖRLOS eingestuft sind, die aber keinen GdB 100 haben“, schreibt der Vorsitzende des CIV HRM, Michael Schwaninger. „Bisher spielte es KEINE wesentliche Rolle, ob man GdB 90 oder 100 hatte, heute spaltet das die Gehörlosen im Lande, wie wir aus zahlreichen Rückmeldungen seit Donnerstag vernommen haben.“

„Gesetz ist handwerklich schlecht“

Schwaninger stellte klar, dass der CIV HRM Befürworter des Gesetzes sei. „Es ist aber leider handwerklich absolut schlecht gemacht“, so die Kritik, und weiter: „Wir sehen in dem Gesetz eine glasklare Diskriminierung von gehörlosen Menschen und einen Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG).“

Der Selbsthilfeverband Cochlea-Implantat-versorgter Hörbeeinträchtigter habe den Regierungsparteien CDU und Grüne mehrfach Gespräche angeboten, um die Expertise Betroffener in das Verfahren einzubringen. Diese seien ignoriert worden. Auch die Opposition hatte auf Nachbesserungsbedarf hingewiesen. So teilte die behindertenpolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, Ulrike Alex, mit, dass viele Betroffenen aufgrund der hohen Anforderungen leer ausgingen. „Es entsteht der Eindruck, als wolle die Landesregierung auf diese Weise die Zahl der Anspruchsberechtigten möglichst gering halten“, kritisierte Alex.

Zahlung ist zeitlich befristet

„Wir möchten dennoch alle Trägerinnen und Träger von Cochlea Implantaten und anderen Hörhilfen ermuntern, die nun bezugsberechtigt sind (Merkzeichen GL und GdB 100), sich um das GL-Geld [Gehörlosengeld] zu kümmern“, schreibt Schwaninger weiter. Insbesondere Kinder mit Cochlea Implantaten hätten demnach Anspruch auf diese Leistung. Der Selbsthilfeverband ermutigt zudem Erwachsene mit einem Grad der Behinderung von unter 100, ihren GdB überprüfen zu lassen. Dies ist jedoch nicht ohne Risiko, da dies auch zu einer geringeren Einstufung führen kann.

Das Landesgehörlosengeld ist vorerst bis Ende 2026 befristet und wird eine Höhe von 150 Euro monatlich haben, das Taubblindengeld wird mit circa 1300 Euro das Doppelte des Blindengeldes betragen. Mit dem Geld sollen Kosten für technische Hilfsmittel und Dolmetscherdienste ausgeglichen werden, die notwendig sind, um eine gleichbereichtigte Teilnahme der Menschen mit Sinnesbehinderungen am Leben in der Gesellschaft zu erleichtern. Das Formular zur Beantragung des Gehörlosengeldes finden Sie hier: lwv-hessen.de. (ms)

Die komplette Stellungnahme lesen Sie auf der Internetseite des CIV HRM.


Zurück