Basiswissen zum Cochlea Implantat

18 Fragen - 18 Antworten

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Was bedeutet Cochlea?

Cochlea ist das lateinische Wort für Schnecke. Weil das Innenohr an die Form eines Schneckengehäuses erinnert, wird es Cochlea genannt. Die Cochlea wandelt Schall in Nervenimpulse um und leitet sie an das Gehirn weiter.

Was ist ein Cochlea Implantat?

Das Cochlea Implantat (CI) ist eine Innenohrprothese. Es hilft, wo die Cochlea nicht „übersetzen“ kann oder diese Fähigkeit verloren hat: Es kann Taube hörend machen. CIs wandeln Schall in elektrische Impulse um, durch die der Hörnerv im Innenohr stimuliert (angeregt) wird. Ein CI besteht aus zwei Teilen: dem Implantat mit der Elektrode für die Cochlea, das operativ hinter dem Ohr in den Schädelknochen eingesetzt wird, und dem Sprachprozessor mit der Sendespule, der wie ein Hörgerät am Ohr getragen wird.

Was ist der Unterschied zwischen einem CI und einem Hörgerät?

Hörgeräte verstärken den Schall. Sie helfen bei Schwerhörigkeit.

Für wen kommt ein Cochlea Implantat in Frage?

Für Kinder und für Erwachsene, die gehörlos oder hochgradig schwerhörig sind und denen herkömmliche Hörgeräte wenig oder gar keinen Nutzen bringen – oder nicht mehr bringen. Auch für Menschen, die infolge einer Erkrankung wie z.B. eines Hörsturzes oder eines Unfalls ihr Gehör verloren haben. Voraussetzung für eine erfolgreiche Implantation ist ein funktionsfähiger Hörnerv. Ob der Hörnerv intakt ist, kann nur in einer Hals-, Nasen-, Ohrenklinik (HNO) festgestellt werden.

Wann sollte ich mir ein Cochlea Implantat einsetzen lassen?

Möglichst frühzeitig, sobald die Taubheit sicher festgestellt wurde und anders nicht mehr zu beheben ist. Gehörlos geborene Kinder sollten innerhalb des ersten Lebensjahres ein CI bekommen. Die Erstimplantation kann ab dem fünften Lebensmonat vorgenommen werden. In den ersten Lebensjahren entwickelt sich das Hör- und Sprachzentrum im Gehirn. Wenn das Kind in dieser Lebensphase nichts hört, bildet sich das Hör- und Sprachzentrum nicht richtig aus. Auch bei Erwachsenen gilt: je kürzer die Phase der Taubheit ist, umso leichter wird es fallen, das Hören und Verstehen wieder zu lernen.

Was sollten Eltern wissen?

Unter tausend Neugeborenen kommen in der Regel ein bis drei Babies mit Hörstörungen zur Welt. Seit 2009 werden in Deutschland alle Neugeborenen auf ihr Hörvermögen hin untersucht (Neugeborenen-Hörscreening). Hierfür können verschiedene Methoden angewendet werden (OAE oder BERA), die nur wenige Minuten dauern und vollkommen schmerzfrei und ungefährlich sind.

Die Messungen sind sehr empfindlich und können einen vorhandenen Hörschaden mit hoher Wahrscheinlichkeit aufdecken. Allerdings gibt es auch "positiv falsche" Ergebnisse, das heißt, die Untersuchung zeigt eine Auffälligkeit an, obwohl das Kind gesund ist. Deshalb müssen alle Kinder mit einem auffälligen Screening-Ergebnis in einem spezialisierten pädaudiologischen Zentrum nachuntersucht werden.

Eltern sollten während der Untersuchung möglichst nah bei ihrem Kind sein.

Ist es mit der Operation getan?

Nein. Hören will gelernt sein. Jeder Patient hört anders. Das Gehirn muss erst lernen zu begreifen, was die elektrischen Signale bedeuten, die es auf dem Weg über das CI und den Hörnerv empfängt. Das ist wie bei einer Fremdsprache: Wenn ich die Bedeutung der Wörter nicht kenne, nehme ich nur Töne wahr, ohne zu verstehen. Deshalb folgt auf die Operation in einer spezialisierten Klinik die Erstanpassung: das CI wird so eingestellt, dass der Patient möglichst viel wahrnimmt, Geräusche möglichst gut identifizieren kann und sie nicht als unangenehm empfindet. Diese Einstellung muss regelmäßig überprüft und der Hörentwicklung des Patienten angepasst werden. Parallel dazu sollte ein intensives Hörtraining stattfinden. Am Anfang findet es im Rahmen einer intensiven stationären oder ambulanten Rehabilitation (Reha) statt. Danach sind CI-Träger auf eine lebenslange, fachkundige und individuelle Nachsorge angewiesen – und vor allem auf ihr eigenes, aktives Lernen-Wollen.

Wo kann ich mich oder mein Kind operieren lassen?

Inzwischen bieten mehr als 80 70 Kliniken in Deutschland CI-Operationen an. Wichtig sind die Erfahrung des Chirurgen und die Zusammenarbeit mit erprobten Therapeuten. Das Einsetzen von Elektroden ins Innenohr stellt keine Routine dar, denn jede Cochlea ist anders. Nicht jede Elektrode ist für jedes Innenohr geeignet. Je mehr Erfahrungen Operateur und Kliniken sammeln konnten, umso sicherer ist der Erfolg der Operation.

Erfolgreich kann die Operation nur dann sein, wenn der Hörnerv im Innenohr intakt ist. Schon um dies sicher festzustellen, sollte das operierende Team auf Fachleute anderer medizinischer Disziplinen zugreifen können. Das ist am ehesten in großen HNO-Kliniken der Fall. Zudem ist es mit der Operation allein nicht getan. Ebenso wichtig ist die fachgerechte Nachsorge. Achten Sie darauf, dass die Klinik sich verpflichtet hat, den Leitlinien der „Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf und Hals-Chirurgie“ zu folgen! Die Deutsche Cochlea Implantat Gesellschaft (DCIG) bietet auf ihrer Homepage (www.dcig.de) einen aktuellen Überblick über Kliniken und CI-Zentren.

Wie lange dauert die Operation?

In der Regel zwischen zwei und vier Stunden.

Wie lange muss ich im Krankenhaus bleiben?

In der Regel drei bis vier Tage.

Findet die Operation unter Vollnarkose statt?

Ja.

Wie riskant ist eine solche Operation?

Eine Cochlea-Implantation ist nicht riskanter als jede andere Operation am Mittelohr unter Vollnarkose. Um das Risiko zu minimieren, sollten Sie sich in die Hände eines CI-erfahrenen Teams begeben. Die Operation sollte „minimal-invasiv“ erfolgen, im Sinne einer „soft surgery“, also unter geringstmöglicher Beschädigung von Gewebe und Knochen. Wichtig ist auch, dass ein eventuell vorhandenes Rest-Hörvermögen erhalten bleibt und der Hörnerv nicht beschädigt wird – auch im Blick auf künftige technische und medizinische Fortschritte.

Kann ich sofort nach der Operation wieder hören?

Nein. Zunächst muss die Wunde verheilen. Das kann bis zu vier Wochen dauern. Erst dann wird der Sprachprozessor zugeschaltet. Er muss auf das individuelle Hörvermögen des Patienten programmiert werden. Diese Einstellung wird regelmäßig überprüft und verfeinert. Das geschieht in darauf spezialisierten CI-Zentren. Dabei muss es jederzeit möglich sein, einen Arzt hinzuzuziehen. Ziel der Anpassung des Sprachprozessors ist es, dass der Patient möglichst das komplette Spektrum an Geräuschen, Tönen und Stimmen hören und unterscheiden kann. Das kann sehr schnell erreicht werden, es kann aber auch Monate oder Jahre dauern. Dabei helfen spezialisierte Therapeuten. Der Wille zum Lernen und Geduld sind unverzichtbar.

Wenn ich auf beiden Ohren taub oder extrem schwerhörig bin – sollte ich mir dann gleich zwei CIs einsetzen lassen?

Ja, denn ein beidseitiges Hören ist immer besser als Hören nur auf einem Ohr. Darüber sollten Sie mit dem behandelnden Arzt sprechen. Wichtig ist, dass beide Ohren möglichst optimal mit einem Hörsystem versorgt sind. In manchen Fällenkann es auch sinnvoll sein, auf einem Ohr ein CI einzusetzen, aber auf dem anderen ein Hörgerät zu nutzen. Fachleute sprechen dann vom bimodalen Hören. Auf jeden Fall hat es große Vorteile, auf beiden Ohren zu hören (binaurales Hören). Umgebungsgeräusche sind dann leichter zu identifizieren und zu orten, das Sprachverstehen ist besser. Das hilft in der Schule, im Beruf und in der Freizeit. Es mindert Gefahren im Straßenverkehr und erleichtert den Musikgenuss.

Kommt ein CI auch infrage, wenn nur ein Ohr ertaubt ist?

Inzwischen, dank dem technischen Fortschritt: ja. Menschen, die auf einem Ohr normal hören und auf dem anderen taub sind, berichten von einem besseren Hören und Verstehen, seit sie auf dem tauben Ohr mit einem CI versorgt sind. Auch der in solchen Fällen oft vorhandene Tinnitus bessert sich durch das CI meistens. Dadurch ergeben sich bessere Möglichkeiten im Beruf und große Gewinne an Lebensqualität. Nur wer auf beiden Ohren hört, kann Klangquellen orten.

Wie teuer ist ein CI – und welche Kosten übernehmen die Krankenkassen?

Die Versorgung mit einem CI kostet derzeit etwa so viel wie ein Auto der unteren Mittelklasse. Hinzu kommen die Nachsorgekosten und die Kosten von Batterien und Ersatzteilen. Oft ist auch weiteres Zubehör wie Mikrofone und Verstärker oder Übertragungsanlagen (FM-Anlagen) notwendig, um ein besseres Verstehen in Klassenzimmern, Hörsälen, Büros oder Konferenzen zu ermöglichen. Wenn die medizinischen Voraussetzungen gegeben sind (Indikationen), tragen die Krankenkassen diese Kosten vollständig. Für Zubehör sind oft auch andere Kostenträger zuständig.
Ein wichtiger Erfahrungsaustausch dazu findet in Selbsthilfegruppen von CI-Trägern statt. Eine solche Selbsthilfegruppe gibt es mit hoher Wahrscheinlichkeit auch in Ihrer Nähe. Adressen finden Sie in diesem Heft und auf der Homepage der DCIG www.dcig.de

Höre ich mit dem CI dasselbe wie ein normal Hörender?

Nein. Zwei Menschen hören niemals exakt dasselbe. CI-Träger können immer nur annähernd „normal“ hören. Wie weit diese Annäherung geht und wie schnell sie erreicht wird, hängt ganz vom einzelnen Patienten, der Dauer und Ursache der Taubheit, vom Verlauf der Operation, dem Stand der Technik und der Qualität der Nachsorge ab. Viele CI-Träger klagen vor allem über Probleme beim Telefonieren, in einer lauten Umgebung (Störschall) oder beim Musikgenuss. Im Allgemeinen gilt: Je moderner die eingesetzte Technik und je qualifizierter die Nachsorge ist, umso unbedeutender werden diese Probleme.

Gibt es unterschiedliche CI-Systeme? Für welches sollte ich mich entscheiden?

Zurzeit bieten vier Hersteller Cochlea-Implantate an, die alle nach dem gleichen Prinzip funktionieren, sich aber in Details, Design und Zubehör unterscheiden. Zumeist stellen diese Firmen auch andere, verwandte medizinische Hilfsmittel her: zum Beispiel Hörgeräte, knochenverankerte Hörhilfen, Mittelohrimplantate oder Hirnstammimplantate. Manchmal lassen sich unterschiedliche Hilfen kombinieren. Welches System für Sie das beste ist, sollten Sie mit Ihrem Arzt besprechen


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