13. September 2017

„Ich schreibe mein Herz in den Staub der Straße…“

„Reisen“ war das Thema des diesjährigen Literaturseminars für CI-Träger vom 7.-9. Juli 2017 in Paderborn. Eine Teilnehmerin berichtet. 

Unser Domizil ist in Paderborn traditionell ein Kloster mit herrlichem Garten, in dem religiöse Menschen wie Atheisten gleichermaßen die Seele baumeln lassen können. Nach dem Abendessen gab es eine kurze Einführung in die Thematik von unserer Dozentin Antje Telgenbüscher. Sie ist Literaturwissenschaftlerin und Autorin. Wir erfuhren, dass Menschen seit jeher reisen und darüber erzählen. Waren es früher Pilger, Soldaten, Entdecker und Kaufleute, die sich auf den Weg machten, kam zu Goethes Zeit die Bildungsreise der privilegierten Stände hinzu, und heute können sehr viele Menschen kürzere oder längere Reisen unternehmen. Wer reist, verlässt das Gewohnte und Vertraute, er findet in der Fremde das Andere, er „er-fährt“ etwas, und zwar nicht nur über seine neue Umgebung, sondern auch über sich selbst.

Am Samstag standen die zuvor gelesenen Bücher auf dem Programm. So ging es in Sten Nadolnys „Entdeckung der Langsamkeit“ nicht nur um Leben und Reisen des berühmten Entdeckers John Franklin, sondern auch darum, wie sich das vermeintliche Handicap eines langsamen Menschen als erfolgreiche Lebensstrategie entpuppt.

In Pascal Merciers „Nachtzug nach Lissabon“ wird ein älterer Gymnasiallehrer aus Bern durch eine zufällige Begegnung aus seinem routinierten Dasein gerissen und erkundet in der portugiesischen Hauptstadt auf den Spuren eines Autors, wie es wohl wäre, ein Anderer zu sein.

Benedict Wells lässt seine Leser in „Fast genial“ mit drei jungen Leuten quer durch die USA reisen. Auf der Suche nach dem vermeintlich genialen Vater des Protagonisten, aber auch auf der Suche nach Entwicklungsmöglichkeiten und einem Platz im Leben.

Jede und jeder war eingeladen, zu sagen, was ihm an den Büchern aufgefallen war, erfreut, geärgert, gelangweilt oder sonstwie bewegt hatte. Durch die Sichtweise der übrigen Teilnehmerinnen und Teilnehmer entdecke ich jedes Mal noch viele neue Aspekte an den Büchern. Dabei war dank FM-Anlage und unserer bewährten studentischen Mitschreibkraft alles vollkommen barrierefrei.
Von der Extremadura an die Paderquellen.

Am Abend nahmen uns zunächst Regina Becker und Martin Furtkamp mit auf eine Fotoreise durch die Extremadura, dann zog es uns zu den Paderquellen. Dort ließen wir in einem lauschigen Biergarten am Wasser den Abend ausklingen. Am Sonntagmorgen gibt es passend zum Seminarthema eine mit Musik begleitete Morgenbesinnung. Wer mag, kann stattdessen aber auch gern ausschlafen. Danach gehört der Sonntagvormittag traditionell der Lyrik und den Kurzgeschichten, auch diese natürlich zum Thema „Reisen“.

„Ich schreibe mein Herz in den Staub der Straße…“ war eines der besprochenen Gedichte, das vielen von uns gut gefallen hat. Angeblich stammt es von George Forestier, einem in den 50’er Jahren in Indochina verschollenen Fremdenlegionär. In Wirklichkeit war es aber ganz anders. Aber das ist eine Geschichte für sich…

Für diejenigen, die nun neugierig geworden sind: Neben den „alten Hasen“ sind auch immer neue Teilnehmerinnen und Teilnehmer willkommen. 2018 findet das Seminar vom 6.-8. Juli statt. Es wird die neuere niederländische Literatur auf dem Programm stehen. Um die Weihnachtszeit herum verschickt Antje Telgenbüscher die Literaturliste. Darauf stehen die drei Bücher, die am Samstag besprochen werden sowie weitere Vorschläge für den Fall, dass man noch Zeit und Lust hat, mehr zum Thema zu lesen. Dann wird im Lauf des Frühjahrs um verbindliche Anmeldung mit Anzahlung gebeten.

Dank eines großzügigen Zuschusses der Selbsthilfeförderung der Krankenkasse konnte das Seminar in diesem Jahr für unter 200 € angeboten werden.

Nähere Informationen gibt es bei Martin Furtkamp und Regina Becker unter der E-Mail-Adresse drfurtkamp@hgz-aachen.de.

Dr. Tanja Laier


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