2. Juli 2025
Reha nach CI-OP: Fragen und Antworten zur Anschlussheilbehandlung (AHB) nach Cochlea-Implantation
Dr. Roland Zeh hat als Chefarzt der Kaiserberg-Klinik in Bad Nauheim die Anschlussheilbehandlung nach Cochlea-Implantation maßgeblich mitgestaltet. Hier gibt er einen Überblick über das neue Angebot.
Was ist eine Anschlussheilbehandlung (AHB)?
Eine Anschlussrehabilitation (AHB) ist eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation. Die Besonderheit dieser Leistung besteht darin, dass sie nur bei bestimmten Erkrankungen in Betracht kommt, die im AHB-Indikationskatalog aufgeführt sind. Die AHB muss sich unmittelbar (spätestens 2 Wochen nach der Entlassung) an eine stationäre Krankenhausbehandlung anschießen. Eine weitere Besonderheit ist, dass eine AHB vom Kostenträger nicht abgelehnt werden darf, wenn die Indikation im AHB-Katalog gelistet ist.
Was ist neu für CI-Träger?
Patienten mit einem CI konnten eine stationäre Rehamaßnahme bisher nur als Heilverfahren beantragen, d.h. es musste ein Antrag beim zuständigen Kostenträger gestellt werden. Dieser wurde oft abgelehnt, dann musste man in Widerspruch gehen und oft wurde die Reha auch komplett abgelehnt. Dieser bürokratische Aufwand kostete natürlich viel Zeit und dann kamen noch die Wartezeiten der Rehakliniken dazu.
Das therapeutische Konzept einer AHB unterscheidet sich nicht von dem, was schon bisher als "Heilverfahren" in den stationären Rehakliniken durchgeführt wurde. Durch die Einführung der AHB kann jetzt aber gewährleistet werden, dass jeder CI-Träger nach der CI-Operation (auch nach einer Reimplantation) zeitnah eine Reha bekommt, wenn er das will. Patienten, die keine AHB in Anspruch nehmen wollen, können aber auch weiterhin eine Reha als Heilverfahren beantragen.
Wer bietet eine AHB nach Cochlea-Implantation an?
Es sind derzeit vier Kliniken, die eine AHB für CI-Träger anbieten:
- MEDIAN Kaiserberg-Klinik in Bad Nauheim
- MEDICLIN Bosenberg-Kliniken in St. Wendel
- MEDIAN Klinik am Burggraben in Bad Salzuflen
- VAMED Rehazentrum in Bad Berleburg
Es gilt das Wunsch- und Wahlrecht der Patienten, d.h. er kann entscheiden, in welche Klinik er gehen will, wobei die Bettenkapazitäten natürlich beachtet werden müssen.
Um eine AHB dürchführen zu können, müssen Kliniken bestimmte Anforderungen erfüllen. Eine AHB ist eine „OP-nahe Leistung“, also eine Maßnahme, die sich direkt an eine Operation anschließt und deshalb eine ständige ärztliche Anwesenheit und ein fachärztlicher Hintergrunddienst erforderlich ist. Wenn die Deutsche Rentenversicherung (DRV) Kostenträger ist, werden außerdem umfangreiche Qualifikationen (vor allem bei den Ärzten und im Sozialdienst) in der Sozialmedizin gefordert, zusätzlich müssen definierte Therapieinhalte und Beratungsangebote vorhanden sein.
Kann eine AHB auch ambulant durchgeführt werden?
Grundsätzlich ja, aber dann müssen die Leistungen gleich sein wie bei einer stationären Reha und in einem Block an vier aufeinanderfolgenden Wochen jeweils an allen 5 Werktagen in der Woche durchgeführt werden. Diese Rehaform wird als „ganztägig ambulant“ bezeichnet und ist somit von den Therapieabläufen her dasselbe wie eine stationäre AHB, mit dem Unterschied, dass die Patienten jeden Tag nach Hause fahren und zu Hause übernachten. Der Anfahrtsweg sollte dabei max. 45 Minuten, also ca. 30 bis 40 Kilometer betragen.
Wer ist Kostenträger für eine AHB?
Die Zuständigkeit der Kostenträger ändert sich bei einer AHB nicht, gegenüber einem Heilverfahren in einer Rehaklinik. Das bedeutet: Bei Berufstätigen (auch bei Arbeitslosen) ist die Rentenversicherung zuständig, bei nicht Berufstätigen (vor allem bei Rentnern) die Krankenkasse. Es gibt jedoch zahlreiche Sonderregelungen, zum Beispiel bei privat Krankenversicherten, bei Beamten oder bei Patienten, die über ein berufsständisches Versorgungswerk rentenversichert sind. Diese Sonderfälle können hier nicht alle aufgeführt werden können, im Einzelfall klärt das der Sozialdienst des einweisenden Krankenhauses.
Wann kann ich eine AHB in Anspruch nehmen und was muss ich beachten?
Eine AHB kann grundsätzlich jeder in Anspruch nehmen, wenn die zu rehabilitierende Krankheit im AHB-Indikationskatalog aufgeführt ist, wenn die Patienten aus medizinischer Sicht „rehafähig“ sind und wenn die sozialversicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Ob die Patienten rehafähig sind, entscheidet das einweisende Krankenhaus, medizinisch nicht rehafähig ist man beispielsweise bei schweren Begleiterkrankungen. Ob die sozialversicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind, prüft der Sozialdienst des einweisenden Krankenhauses.
Für wen ist eine CI-AHB nicht geeignet?
Man muss hier unterscheiden, ob eine AHB "nicht geeignet" ist, oder "nicht gewünscht" wird. Es kann viele Gründe geben, warum eine AHB nicht gewünscht wird, z.B. wenn man zu Hause nicht für mehrere Wochen abkömmlich ist, weil keine Vertretung gefunden werden kann für die Betreuung der Kinder, für zu pflegende Angehörige, Haustiere oder auch Verpflichtungen am Arbeitsplatz etc.. Da eine CI-OP und damit auch die AHB aber zeitlich planbar ist, lässt sich hierfür oft eine Lösung finden. Dass eine AHB aber gänzlich ungeeignet ist, dafür fällt mir kein Beispiel ein.
Wer stellt den Antrag? Zu welchem Zeitpunkt?
Der AHB-Antrag wird nach der OP von der operierenden Klinik gestellt, am besten noch während des Krankenhausaufenthaltes. Dazu muss der Sozialdienst der Klinik einen AHB-Antrag und einen ärztlichen Befundbericht an den zuständigen Kostenträger schicken, hierfür gibt es Formularsätze der Kostenträger. Gleichzeitig ist es wichtig, einen Platz in der ausgewählten Rehaklinik zu reservieren, denn die Rehaklinik müssen eine Bettenplanung machen. Das sollte am besten schon vor der Implantation erfolgen, wenn im Vorgespräch mit der implantierenden Klinik der OP-Termin festgelegt wird.
Wie läuft die AHB an?
Voraussetzung, dass die AHB angetreten werden kann, ist die bereits erfolgte Anpassung des CI-Prozessors. Da die Erstanpassung (Basistherapie) eine Aufgabe der CI-versorgenden Einrichtung ist, muss eine Frühanpassung erfolgen. Wird der Sprachprozessor erst nach ca. vier Wochen angepasst, ist eine AHB nicht mehr möglich. Der Kostenträger prüft, ob die Voraussetzungen erfüllt sind, und gibt die AHB frei. Der Patient reist dann zum bereits vorher vereinbarten Aufnahmetermin an.
Ist mit der AHB die Folgetherapie abgeschlossen?
Die AHB ist nach den Leitlinien ein Teil der Folgetherapie. Wie lange die Folgetherapie dauert und wann der Übergang in die Langzeitnachsorge erfolgt, ist individuell unterschiedlich und hängt davon ab, wie gut der Patient bereits hört und wie gut er mit seinem CI im Alltag zurechtkommt. Man kann das so verstehen: Während der Folgetherapie findet noch Therapie statt, in der Langzeitnachsorge gibt es nur noch medizinische und audiologische Kontrollen. Aber für die Dauer der Folgetherapie, also ob noch weitere Therapie notwendig ist, ist weder eine bestimmte Zeitspanne, noch eine bestimmte Therapiemenge vorgegeben. Es ist Aufgabe der CI-versorgenden Einrichtung, bei den Routinekontrollen zu entscheiden, ob weitere Therapie notwendig ist, und wenn ja, sollte diese Therapie dann auch verordnet werden.
Wo kann ich mich über die AHB informieren?
Es sind zwei wissenschaftliche Publikationen zum Thema AHB für CI-Patienten erschienen, in denen auch die Abläufe gut beschrieben sind und die kostenlos als PDF heruntergeladen werden können:
· Bruschke, S., Zeh, R. et al.: Frankfurter Konzept einer stationären Cochleaimplantat-Frührehabilitation, HNO 2024
· Bruschke, S., Zeh, R. et al.: Die Aufnahme einer Rehabilitationsmaßnahme in den Katalog der AHB am Beispiel der CI-Folgetherapie, LRO 2025
Allgemeines über das Thema AHB kann man sich auf der Internetseite der DRV (Deutsche Rentenversicherung) informieren. Dort findet sich auch das Formularpaket für die Antragstellung und den AHB-Anforderungskatalog. Weitere Veröffentlichungen finden sich zudem in der Schnecke Nr. 106, 117, 121 und 126.
Dr. Roland Zeh war bis 2024 Chefarzt der Abteilung für Hörstörungen, Tinnitus, Schwindel und Cochlea-Implantate der Median-Kaiserberg-Klinik in Bad Nauheim. Für die Klinik ist er weiterhin als beratender Arzt tätig. Dr. Zeh ist Facharzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin und hat das Konzept für eine CI-Reha nach seiner eigenen CI-Versorgung entwickelt und etabliert. Ehrenamtlich ist Dr. Zeh seit 2014 Präsident der Deutschen Cochlea Implantat Gesellschaft und im Vorstand des Deutschen Hörverband. |
Die Fragen stellte Marisa Strobel.
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