SSD bekommt eine Stimme – Neue Wege in der DCIG

Seit 40 Jahren begleitet die Deutsche Cochlea Implantat Gesellschaft (DCIG) Menschen mit Hörbehinderung, ihre Familien sowie Fachleute aus Medizin und Therapie. Für viele Leserinnen und Leser von Schnecke-Online ist die DCIG dabei vor allem eines: ein Ort der Information, des Austauschs und der Selbsthilfe rund um das Leben mit Cochlea-Implantat.

Ein Thema stand dabei lange eher am Rand – obwohl viele davon betroffen sind: einseitige Taubheit bzw. Ertaubung (Single Sided Deafness, SSD). Das hat sich in den letzten beiden Jahren grundlegend geändert.

Endlich im Fokus: Einseitige Taubheit (SSD)

Erst 2024 wurde SSD innerhalb der DCIG offiziell als eigenes Schwerpunktthema aktiviert. Für viele Betroffene war das ein wichtiger Schritt – denn einseitige Taubheit ist oft eine „unsichtbare Behinderung“. Nach außen scheint vieles normal, im Alltag jedoch stellen Richtungshören, Gespräche im Störlärm, Erschöpfung und soziale Situationen große Herausforderungen dar.

Im Jahr 2025 wurde dieser neue Schwerpunkt deutlich weiterentwickelt – mit konkreten Angeboten von Betroffenen für Betroffene.


Workshops 2025: Wissen teilen, sich selbst wiederfinden

Im Laufe des Jahres 2025 fanden mehrere SSD-Workshops der DCIG statt, an denen insgesamt rund 35 Betroffene teilnahmen. Im Mittelpunkt standen drei Themenbereiche, die viele SSD-Betroffene aus ihrem Alltag kennen:

  • Technik: CI bei SSD, Zubehör, Hörstrategien im Alltag
  • Therapie: Training, Geduld, realistische Erwartungen
  • Psychologie: Akzeptanz, Selbstbild, Motivation und Umgang mit Belastungen


Neben fachlichen Informationen ging es vor allem um etwas, das für Selbsthilfe zentral ist: den offenen Austausch. Erfahrungen teilen, Fragen stellen dürfen, sich verstanden fühlen – für viele Teilnehmende war genau das der wichtigste Teil.

Ein wiederkehrendes Feedback lautete, dass die Workshops nicht nur Wissen vermittelt haben, sondern auch Mut gemacht und neue Perspektiven eröffneten.


Neue Ansprechpartner und wachsende Selbsthilfe

Aus den Workshops heraus ist etwas Nachhaltiges entstanden:
Bis heute haben sich 10 speziell engagierte SSD-Ansprechpartnerinnen und -Ansprechpartner in verschiedenen Regionen gebildet. Sie unterstützen andere Betroffene, geben Orientierung und fungieren als Verbindung zwischen:

  • Patientinnen und Patienten
  • Kliniken
  • CI-Herstellern
  • therapeutischen Angeboten

Gleichzeitig sind vier neue regionale SSD-Selbsthilfegruppen entstanden:

  • Bonn
  • Frankfurt am Main
  • München
  • Stuttgart

Ergänzt werden sie durch eine bereits bestehende Online-Selbsthilfegruppe, die besonders für neu Betroffene oder Menschen ohne Gruppe vor Ort eine wichtige erste Anlaufstelle ist.


„Endlich werden wir gesehen“

Die Rückmeldungen der Teilnehmenden zeigen deutlich, wie groß der Bedarf war – und ist. Aussagen wie:

  • „Endlich werden wir als SSD-Betroffene gesehen.“
  • „Ich habe mich selbst gefunden.“
  • „Ich habe wieder Motivation, mich mit mir und meiner Behinderung zu beschäftigen.“

machen klar: SSD bedeutet mehr als nur ein Hörproblem. Es geht um Identität, Selbstverständnis und Lebensqualität.

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Ausblick

Mit dem neuen SSD-Schwerpunkt zeigt die DCIG, wie wichtig es ist, auch bisher weniger beachtete Gruppen innerhalb der Hörbehinderten-Community sichtbar zu machen. Für viele Leserinnen und Leser von Schnecke-Online ist dies ein ermutigendes Signal: Ihr seid nicht allein – und ihr werdet gehört.

Der Aufbau von Netzwerken, Ansprechpartnern und Selbsthilfegruppen soll auch in Zukunft weitergehen, damit Menschen mit einseitiger Taubheit Unterstützung, Austausch und Orientierung finden – ganz im Sinne der Selbsthilfe.

Text: Rudi Eckmüller, Fotos: privat


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