9. Dezember 2021

Erste Operation in Deutschland gelungen: Roboter bohrt Kanal zur CI-Versorgung

Es ist ein weiterer großer Schritt für die Versorgung mit Cochlea-Implantaten: An der Klinik für Hals-, Nasen und Ohrenheilkunde am Universitätsklinikum Düsseldorf (UKD) wurde Ende November die erste roboter-assistierte Bohrung für CI in Deutschland durchgeführt. Das Ganze fand unter der Leitung von Prof. Thomas Klenzner, dem stellvertretenden Direktor der Klinik, statt. In enger Zusammenarbeit mit der Firma Med-el wurde das erste Hörimplantat mit Hilfe des OP-Roboters Hearo eingesetzt.

Prof. Klenzner und Roboter Hearo im Einsatz bei Deutschlands erster roboter-assistierten CI-Operation © Med-el

Mit dieser ersten Operation dieser Art in Deutschland zeigte das Team, dass die neue Technik einsatzbereit ist. Sie wird in Zukunft unzähligen Patienten und Chirurgen die Eingriffe deutlich erleichtern. Bei seinem ersten Einsatz in Deutschland bohrte der Hearo genannte Roboter fast vollautomatisch und mit einem modernen Navigationssystem ausgestattet einen ganz kleinen, gerade einmal zwei Millimeter breiten Kanal durch die Schädeldecke zum Innenohr.

Absolute Präzision zeichnet den Roboter aus

Der Roboter bietet laut Prof. Klenzner aber noch weitere Vorteile: „Hearo ermöglicht eine individuelle, sehr detailierte Vorplanung und Einschätzung des operativen Zugangs zum Innenohr. Der Roboter führt selbstständig hochpräzise die vom Operateur festgelegte Bohrung von der Knochenoberfläche zur Hörschnecke im für den Patienten idealen Winkel durch. Der Operateur gibt dabei die Bohrung frei und überwacht sie auf verschiedenen Ebenen, z. B. mit einer speziellen Röntgentechnik und einem permanenten Monitoring des Gesichtsnerven. Nachdem der Zugang zur Hörschnecke geschaffen wurde, eröffnet der Operateur die Hörschnecke und führt die Elektrode manuell langsam und schonend ein, geführt durch eine Hülse im Bohrkanal.“

Durch dieses Verfahren kann er Chirurgen nicht nur einen minimalinvasiven Zugang zur Cochlea ermöglichen. Es ist auch der ideale Weg zur Einführung des Elektrodenträgers in die Cochlea. Somit ist Hearo ein bedeutender Teil einer Entwicklung mit dem zukünftigen Ziel, durch ein atraumatisches Vorgehen die sensiblen Strukturen des Innenohres zu bewahren. So soll noch besser vorhandenes Restgehör, sowie durch kürzere Liegezeiten auch Personal- und Sachressourcen geschont werden.

Prof. Dr. Thomas Klenzner (links) 3 Tage nach der Operation mit Patient (Mitte) und Dr. Tom Prinzen (rechts) © UKD

Die genannte Operation war zwar die erste ihrer Art in Deutschland, aber nicht weltweit. Im Jahr 2016 wurde im Rahmen einer klinischen Studie die weltweit erste roboterassistierte Cochlea-Implantation am Inselspital der Universität Bern durchgeführt. Prof. Dr. Marco Caversaccio hatte damals die Leitung der Operation und gehört bis heute zu den führenden Forschern auf dem Gebiet. Im Interview mit dem Schnecke Magazin sprach er über die Vorteile der Methode: "Das robotergestützte Verfahren bietet die Möglichkeit, den Eingriff im vornherein zu planen und einen Eindruck der Anatomie zu bekommen." Dies sei insbesondere nützlich bei schwierigen anatomischen Verhältnissen. Aktuell sei das Verfahren aber noch aufwendig und das Personal müsse gut geschult werden. "Es gibt Situationen, in denen der Roboter präziser ist, aber man hat nicht die Möglichkeit, die Bohrtrajektorie nachträglich zu ändern, um auf neue Gegebenheiten während der Operation zu reagieren." In einem solchen Falle müsse die OP konventionell beendet werden.

Und die Zukunft ist so nah

Im gleichen Magazin, der Schnecke 110 aus dem Dezember 2020 (hier zum Download verfügbar), steuerte auch Prof. Klenzner einen Gastbeitrag bei. Damals beendete er diesen Beitrag mit den vielsagenden Worten: „Die Zukunft wird hier sehr spannende Entwicklungs- und Forschungsansätze bereit halten.“ Wer hätte gedacht, dass die Zukunft so nah ist… (ng)


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