14. März

Individualität versus Standardisierung

Vom Med-el-Workshop in Rotenburg an der Fulda am 25. und 26. Januar 2019 berichtet Ulrike Berger, CIV Baden-Württemberg.

„Wenn Anita Zeitler einlädt, kommen alle zusammen, die Zeit haben“, so ungefähr könnte man beschreiben, wie sich ein Workshop von Med-el mit TeilnehmerInnen füllt. Auch wenn wir gefühlt „ans Ende der Welt“ (sorry, ihr Nord-Leute, für mich aus Freiburg wirkt das so) reisen mussten, stellten wir CIV-BaWü-Engagierten wieder eine große Gruppe (immerhin kamen wir zu acht angereist!). Die lange Anreise wurde uns mit einem guten Abendessen reichlich belohnt. Lange saßen wir noch zusammen, denn ein solcher Workshop ist auch immer die Gelegenheit, bundesweite Bekanntschaften mit anderen SHG-LeiterInnen aufzufrischen oder neu zu knüpfen. Wobei Anitas Warnung „Der Workshop beginnt morgen pünktlich um 8.30 Uhr“ durchaus ernst genommen wurde und wir noch zu halbwegs zivilen Zeiten in den Betten verschwanden.

Jede Cochlea ist einzigartig
Nach einer sehr herzlichen Begrüßung von Anita Zeitler und ihren Kollegen begann das „Kopf-Rauchen“. Zunächst waren die „klassischen“ Vorträge angesagt: Vorstellung der Firma Med-el und der verschiedenen Cochlea Implantat-Systeme (Synchrony-Implantat und die Prozessoren Sonnet und Rondo). Was nun folgte, war für mich sehr spannend: die Vermessung der Cochlea mit-tels moderner bildgebender Verfahren und der Software Otoplan. Diese ermög-licht es Chirurgen, anhand von CT-Bildern 3D-Modelle der jeweiligen Cochlea darzustellen und so den operativen Eingriff präzise zu planen. Außerdem kann die Länge der Cochlea gemessen werden. So kann eine individuell passende Elektrode gewählt werden.

Warum das so wichtig ist? Auch das wurde uns von Raymond Mederake ausführ-lich erklärt: Je genauer die Elektroden an dem Bereich der Cochlea liegen, an dem auch die Nerven der jeweiligen „natürlichen“ Frequenz liegen, desto „natürli-cher“ ist der Höreindruck. Deswegen war es Med-el so wichtig, eine möglichst flexible Elektrode zu entwickeln, die auch möglichst tief in die Cochlea einge-schoben werden kann.

Mittelohrimplantate sind für die meisten von uns eher ein unbekanntes Thema. Da hier Med-el mit dem Vibrant Soundbridge eine interessante Lösung anbietet, haben wir uns von Guido Schropa ausführlich darüber informieren lassen.

Ein weiteres großes Thema waren MRT-Untersuchungen. Was geht problemlos, worauf muss man achten? Welche Stärken hat hier Med-el gegenüber anderen Herstellern – was ist das Besondere am frei gelagerten Magneten des Synchrony-Implantats? Hier war Raum für viel Erfahrungsaustausch.

Am Nachmittag hatten wir die Möglichkeit, alle Implantate und Prozessoren einmal in die Hand zu nehmen bzw. sie – ohne Beschädigung – auseinander- und anschließend wieder zusammenzubauen. Fragen und auch kritische Rückmel-dungen (immerhin bringen wir auf den Seminaren die Erfahrungen unserer SHG-TeilnehmerInnen mit) stießen wie immer bei Med-el auf offene Ohren.



Auch die Firmen, die in einem Nebenraum eine Hilfsmittelausstellung aufgebaut hatten, kamen an diesem Tag noch zu Wort. Kurze Pause zum Frischmachen – dann wanderten (oder fuhren) wir hinauf „auf die Alm“ zu einem zünftigen Berghütten-Abendessen. Offiziell endete der Abend dort oben um 22 Uhr. Inoffiziell ging es entweder oben auf der Alm oder unten in der Hotelbar weiter bis … – da gibt es keine Chronik (darüber legt sich der Mantel des dichten Schneefalls, der uns auf dem Heimweg begleitete). Aber auch diese Abende sind wichtig, denn hier geht es um den direkten Austausch untereinander und mit den Vertretern der Firmen. Viel direkter, als es tagsüber möglich ist.

Wenn der Knochen schwingt
Ausgeschlafen (oder auch nicht) und gestärkt von einem sehr reichhaltigen Frühstück ging’s nun in die letzte Runde des Workshops. Gerhard Roth, ein Business-, Hypnose- und Sporthypnose-Coach aus Niedernhausen erzählte uns auf sehr interessante Weise seine Erfahrungen zum Thema „Selbstvertrauen stärken mit Mut zur Veränderung“. Es klebten wirklich alle an seine Lippen. Danke!

Dann kam Med-el wieder zu Wort, Thema waren nun Knochenleitungssysteme, zunächst das implantierbare System Bonebridge. Ähm – wo kommt ein Knochen-leitungssystem zum Einsatz, wo ein Mittelohrimplantat? Und was ist nun noch Adhear, das Knochenleitungshörsystem, das auch noch vorgestellt wurde? Und wie hängt das Ganze dann mit Cochlea Implantaten zusammen? Gut, dass wir alle gleichermaßen Laien waren. Lukas Lehning nahm sich die Zeit, uns alles geduldig zu erklären. Eine spannende neue Sicht auf die Möglichkeit, Hörverluste zu kompensieren.

Johanna Weigel stellte uns nun noch die verschiedenen Unterstützungen von Med-el für das Hörtraining vor, z. B. „Hear at home“. Es lohnt sich für uns SHG-Leiter/Engagierte, mal einen Blick auf die Website von Mede-el zu werfen, wo die verschiedenen Materialien abgebildet sind.

Noch zwei Kurzvorträge (Erfahrungsbericht „Was mit CI im Alltag zu beachten ist“ von Arnold Erdsiek und eine Zusammenfassung der Produktvorstellung) – dann standen wir vor der Wahl „Essen und Heimfahren“ oder „Vesperpaket und Heim-fahren“.

Wer so lange heimzuckelt wie wir „Südländer“, für den kommt es auf eine Stunde mehr oder weniger nicht an. Wir haben es uns noch einmal schmecken lassen.

Danke, Anita, für diese informativen Tage. Auch wenn es geballte Info war und uns die Köpfe rauchten – wir haben wieder viel gelernt!

Text: Ulrike Berger
Fotos: CIV NRW e.V. Peter Hölterhoff

 


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