21. März 2016

Hilfe! CI-Alarm im Warenhaus?

Die Zugänge zu Kaufhäusern sind oft mit Detektoren ausgestattet. Diese Detektoren reagieren auf Marker an Waren, die nicht gekauft, sondern gestohlen wurden. Manchmal reagieren sie aber auch, wenn nichts gestohlen wurde. Das kann peinlich werden. Können Cochlea Implantate der Auslöser sein?

Margit Gamberoni flanierte in der Vorweihnachtszeit durch die Bamberger Innenstadt. Sie sah sich auch im C&A-Kaufhaus um, fand aber nichts Passendes. Kaum hatte sie das Geschäft verlassen, eilte ein Ladendetektiv hinter ihr her. Mitten im Eingangsbereich, vor den Augen anderer Kunden und Passanten, wurde sie einer eingehenden Taschen- und Kleiderkontrolle unterzogen. Ihrem Hinweis, dass sie seit einem Jahrzehnt beidseitig Cochlea Implantate trage, schenkte der Detektiv keine Beachtung. Margit Gamberoni: „Ich war empört, beschämt und tief verletzt.“

So fühlte sie sich auch am nächsten Tag noch – und schilderte den Vorfall in einem Brief an die Geschäftsleitung der Bamberger C&A-Filiale. Sie äußerte die Vermutung, eine neue Einstellung des Alarmsystems habe dazu geführt, dass es auf die Magnete der Implantate ansprang: „Wie, wenn mich jemand in dieser Szene beobachtet hätte?“ Margit Gamberoni bat die C&A-Verantwortlichen: „Bitte überprüfen Sie Ihr Sicherungssystem gezielt auf die Reaktion auf Implantate hin!“ Eine Nachjustierung der Geräte könne womöglich solche Fehlalarme vermeiden. Sie hoffe „auf eine schnelle und behindertenfreundliche Lösung“.

Schon vor diesem Vorfall sei das Betreten und Verlassen von manchen Geschäften für sie „zum Spießrutenlaufen“ geraten: „Es bimmelt beim Betreten und es bimmelt beim Verlassen des Geschäftes.“

Ein Rüstungswettlauf
„Ganz ausschließen kann man das nicht,“ sagt dazu Udo Liedtke von der Logokett GmbH in Schwalmtal, einem führenden Anbieter von Warensicherungssystemen. Es sei allerdings „sehr unwahrscheinlich“, dass in Deutschland installierte Sicherungssysteme auf Cochlea Implantate anschlagen: „Reine Magnetsysteme gibt es in Deutschland nicht.“ Die hier installierten Systeme reagierten auf Schwingkreise, nicht auf Magneten. Ob dabei dennoch im seltenen Ausnahmefall ein CI erfasst werde, lasse sich im Zweifel aber nur durch einen Test feststellen.

Allerdings, so Liedtke, „sind die an Warenhauseingängen installierten Schleusen nicht höher als 1,60 Meter.“ Sie könnten also, wenn sie denn auf CIs reagieren würden, diese nur erfassen, wenn der CI-Träger kleiner als 1,60 Meter ist.
Die Hersteller solcher Anlagen machen technische Details nicht gerne öffentlich. Liedtke erklärt das mit einer Art von „Rüstungswettlauf“ zwischen Detektiven und Dieben. Diebe suchen nach Möglichkeiten, die Detektoren auszutricksen. Die Detektoren-Hersteller wiederum versuchen genau das zu verhindern. Deshalb komme es immer wieder zu technischen Veränderungen.

Wahrscheinlich, meint Liedtke, gebe es aber einen ganz anderen Grund für die Fehlalarme, die Margit Gamberoni erlebt hat. Bei C&A verkaufte Ware werde nämlich nicht mit einem Gegenstand gesichert, der beim Verkauf von der Ware entfernt wird, sondern mit einem Sicherungsmarker, der schon beim Hersteller in die Kleidung eingearbeitet wird und unsichtbar bleibt: „Das wissen wenige.“

An der Kasse müsse der eingearbeitete Marker elektronisch deaktivert werden. Liedtke: „Da werden schon mal Fehler gemacht.“ Ergebnis: die Hose, das Kleid, der Pullover bleiben , obwohl ganz legal erworben, dauerhaft „diebstahlgesichert“. Sie können immer wieder, beim Passieren von Detektoren, auch in ganz anderen Kaufhäusern, einen Alarm auslösen, auch nach Monaten und Jahren noch. Ohne dass jemand weiß, warum – und die Ursache womöglich beim Implantat vermutet. Das aber gänzlich unschuldig ist.

Metalldetektoren in Sicherheitsschleusen wiederum, zum Beispiel an Flughäfen, springen auf Metalle an und können, je nach Einstellung, auch auf CIs reagieren. Nach Auskunft von Martin Hering von der Dormagener DTI GmbH&Co. KG, kann dabei zwar ein Alarm ausgelöst werden, für den CI-Träger sei das aber völlig ungefährlich. Allenfalls empfinde er bei oftmaligem Passieren einer solchen Schleuse eine Art „Windstoß“. Martin Hering spricht aus eigener Erfahrung. Er ist selber CI-Träger.
C&A reagierte übrigens postwendend. Das von Margit Gamberoni Erlebte „ist nicht in unserem Sinne“, schrieb ihr der Filialleiter: „Zunächst einmal möchten wir uns bei Ihnen aufrichtig entschuldigen.“

Man habe mit der Detektei gesprochen und eine Nachschulung der Mitarbeiter vereinbart, die bei C&A in Bamberg nach Ladendieben Ausschau halten. „Insbesondere die Thematik Implantate und Alarmsicherung wird ausführlich besprochen.“ Falsch sei es auch gewesen, dass ein männlicher Detektiv die Durchsuchung vorgenommen habe, und das gar noch „ohne ausdrückliche Genehmigung des Betroffenen“ und „im stark frequentierten Eingangsbereich“. Man setze „alles daran, dass dies zukünftig anders wird“. Intern habe man „die Prüfung der Alarmsicherung im Eingangsbereich auf die Reaktion von Implantaten angestoßen.“ Dennoch werde sich wohl auch in Zukunft die Auslösung eines Fehlalarms nicht immer vermeiden lassen.

Immerhin: Im neuen Jahr wagte sich Margit Gamberoni wieder ins C&A-Haus. Ohne böse Folgen:  „Offenbar wurde die dortige Alarmanlage nachjustiert. Seitdem kann ich den Eingangsbereich wieder ohne schrillende Glocken passieren. Dafür jault jetzt die bisher unauffällige Alarmanlage einer Filiale des Schuhgeschäftes Deichmann laut auf, wenn ich das Geschäft betrete bzw. verlasse.“


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