30. September 2021

Beruf mit Cochlea Implantat

Als Pfarrerin im mittelfränkischen Barthelmesaurach ist sie Ansprechpartnerin in allen Lebenslagen. Die CI-Trägerin ist Krankenhausseelsorgerin im Stadtkrankenhaus Schwabach und gibt Religionsunterricht an der Grundschule. Auch die Verwaltung und Geschäftsführung der Gemeinde gehört zu ihren Aufgaben.

"Meine Arbeit findet überall statt, manchmal sogar am Nudelregal des Supermarktes. Ich begegne den unterschiedlichsten Menschen, die ich ein Stück ihres Lebensweges begleiten darf. Das ist immer wieder aufs Neue spannend. Wer Pfarrerin werden möchte, muss kommunikativ sein. Offenheit und Toleranz sind eine wichtige Voraussetzung. Für das Studium braucht man Durchhaltevermögen und man muss mit Sprachen klarkommen. Vor allem aber muss man gerne und viel über Gott nachdenken und das weitergeben wollen. Wer dann auch noch Freude daran hat, andere dabei zu unterstützen, eigene Wege im Glauben und mit Gott zu finden, der ist auf dem richtigen Weg. Hauptsache ist: du musst es wollen!"

„Mit meiner Hörschädigung habe ich bislang nur positive Erfahrungen mit meiner Landeskirche und den Menschen in den Gemeinden gemacht. Das hat mir ermöglicht, in meiner Berufung gut anzukommen. Ich habe eine FM-Anlage mit einem Konferenz-Tischmikrophon und einem Einzelsprechermikro. Das ist eine große Unterstützung. Was ich schön finde ist, dass mir vertraut wird, wenn ich mich um die notwenigen Hilfsmittel kümmere und bislang immer alle bereit waren, z.B. ein FM-Mikrophon zu tragen. Meine lustigste Erfahrung in der Gemeinde war, als ein Journalist einen älteren Herrn interviewt hat. Der Journalist fragte diesen, ob eine gehörlose Pfarrerin nicht eine Sensation sei. Der Mann meinte: „Nein wieso, alles prima. Wir verstehen uns doch. Aber wissen Sie was? Die ist Vegetarierin, was soll man da kochen?“ So normal ist dieser Umgang, dass es eine Freude ist.“

 „In meiner Freizeit zeichne ich gerne, lese viel und wandere gern durch die fränkische Landschaft. Zudem liebe ich starken Kaffee. Gerne höre ich auch Musik mit den Audiokabeln der Prozessoren oder schließe die Kabel an den PC an und telefoniere über Skype. Ich nutze alle Technik, die ich kriegen kann und liebe Technik. Gleichzeitig liebe ich die Gebärdensprache. Sie ermöglicht mir, einfach mal nicht zu hören. Das ist entspannend. Daheim kann ich meine Prozessoren abschalten und mit meinem normalhörenden Mann gebärden. Das gibt mir Freiheit, weil ich mich als Mensch „einfach so“ und ohne Technik rundum vollständig fühlen kann. Ich glaube, dass ich nur deshalb so gut und gerne mit meinen Cochlea-Implantaten höre.“

Dieser Artikel erschien zuerst in der Schnecke 104/Juni 2019.

Text: Nadja Ruranski,Fotos: privat


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