6. Dezember 2025
MED-EL fordert mehr kulturelle Teilhabe für Menschen mit Hörverlust
Zum Internationalen Tag der Menschen mit Behinderungen am 3. Dezember hat der Hörimplantat-Hersteller MED-EL auf die oft unsichtbaren Barrieren aufmerksam gemacht, die Menschen mit Hörverlust von Kultur und gesellschaftlichem Leben ausschließen. Kulturelle Teilhabe sei ein Menschenrecht – doch in vielen Fällen bleibe sie Theorie, so das Unternehmen. Neben technischer Ausstattung brauche es vor allem Bewusstsein, Schulung und klare politische Rahmenbedingungen.
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Panel-Teilnehmer Mag. Wolfgang Grünzweig, Marisa Strobel, Carmen Kronawettleitner, Hildegard Stoll, Ernst Tanzer und Heinz Kirchschlager (von links). Foto: MED-EL
Unter dem Motto „Von der Stille zur Bühne – Kulturelle Teilhabe für Menschen mit Hörverlust“ hatte MED-EL kürzlich zu einer Podiumsdiskussion nach Innsbruck eingeladen. Nutzer von Cochlea- und Knochenleitungsimplantaten, Vertretern aus Selbsthilfe, Journalismus und Stadtverwaltung berichteten dort, wie sie Kultur erleben – und welche Hürden vielerorts noch bestehen. Die Veranstaltung war Teil des internationalen Hearpeers-Jubiläumskonzerts, bei dem Hörimplantat-Trägern aus mehreren Ländern gemeinsam auftraten.
Teilhabe ist mehr als Technik
Im Gespräch wurde schnell klar: Kulturelle Teilhabe darf nicht auf Opern- und Theaterhäuser beschränkt bleiben. Auch Bibliotheken, Museen, Lesecafés oder Stadtteilzentren müssten barrierefrei zugänglich sein. Niedrigschwellige Maßnahmen wie FM-Systeme, Untertitel oder geschultes Personal könnten darüber entscheiden, ob Menschen mit Hörverlust eine Veranstaltung besuchen oder nicht. „Teilhabe heißt: Man kommt einfach und kann teilnehmen – ohne Anmeldung, ohne Hürden“, betonte Mag. Wolfgang Grünzweig, Behindertenbeauftragter der Stadt Innsbruck.
Marisa Strobel, Chefredakteurin des Magazins Schnecke – Leben mit Cochlea-Implantat & Hörgerät, riet Anbietern, sich mit Selbsthilfevereinen zu vernetzen und von den Betroffenen zu lernen: „Das größte Wissen haben die Nutzer selbst“, sagte Marisa Strobel. „Viele haben durch ihre Hörsysteme mehrere ‚Professionen‘ erworben – sie sind Experten für Technik, Kommunikation und Teilhabe.“ In Augsburg beispielsweise habe das Engagement von Hörimplantat-Nutzern zur Erweiterung hörbarrierefreier Opern- und Theateraufführungen geführt, berichtete sie.
Erfahrungen aus erster Hand
Besonders eindrücklich waren die Beiträge der Teilnehmer mit Hörimplantaten. Der Tiroler CI-Nutzer Ernst Tanzer berichtete, wie Musik nach seinem Hörsturz zunächst unerträglich wurde und wie ihm das Implantat den Weg zurück in die Kultur öffnete. Der langjährige Hörberater Heinz Kirchschlager erzählte, dass sein CI ihm die Musik „wieder aufgeweckt“ habe. Knochenleitungsimplantat-Nutzerin Hildegard Stoll ergänzte, wie sehr ihr neues Hörvermögen zu mehr Selbstständigkeit und Sicherheit im Alltag beigetragen hat – vom Chorbesuch bis zur Orientierung im Straßenverkehr.
Inklusion braucht Haltung – und gute Rahmenbedingungen
Grünzweig machte deutlich, dass Barrierefreiheit auch eine politische Aufgabe ist. Förderprogramme könnten gezielt an barrierefreie Ausstattung geknüpft werden. Erfolgreiche Beispiele gebe es bereits: Beim Innsbrucker Stadtfest etwa waren erstmals alle Bühnen technisch zugänglich und wurden von Gebärdensprachdolmetschern begleitet. „Die Politik braucht Weitblick – denn das Thema wird größer werden“, so Grünzweig.
Für MED-EL zeigt die Podiumsdiskussion, dass echte Inklusion dort entsteht, wo Betroffene, Kulturinstitutionen, Politik und Technik zusammenarbeiten. „Unsere Nutzer beweisen, wie viel Teilhabe möglich wird, wenn man Barrieren erkennt und abbaut“, sagte MED-EL-Projektmanagerin Carmen Kronawettleitner zum Abschluss.
Konkrete Schritte für mehr Teilhabe
Aus der Diskussion leiten sich mehrere Empfehlungen ab – für Kulturanbietende ebenso wie für Menschen mit Hörverlust:
- Infrastruktur verbessern: Flächendeckender Einsatz von FM-Systemen und Induktionsschleifen, akustisch optimierte Räume, Integration barrierefreier Planung in Architekturstudiengänge
- Sensibilisierung und Schulung: Mitarbeitende in Kulturinstitutionen schulen, Zusammenarbeit mit Selbsthilfegruppen und Hörpaten fördern
- Politische Rahmenbedingungen schaffen: Förderungen an Barrierefreiheit knüpfen, Anreizsysteme für inklusive Programme etablieren
- Sichtbarkeit und Empowerment: Barrierefreie Angebote klar kennzeichnen, Betroffene aktiv in die Planung einbeziehen
- Technische Hilfen frühzeitig anfragen: Induktionsschleifen, mobile Hörsysteme oder Apps rechtzeitig bei Veranstaltern einfordern, um Teilhabe sicherzustellen
- Bedürfnisse klar kommunizieren: Offen sagen, welche Unterstützung benötigt wird – von Untertiteln bis zur Sitzplatzwahl
- Barrierefreiheit ansprechen und Feedback geben: Veranstalter aktiv auf fehlende Angebote hinweisen und Rückmeldungen geben, um Verbesserungen anzustoßen.
Gerade in der Adventszeit, wenn viele Kulturangebote Menschen zusammenbringen, erinnert MED-EL daran: Barrierefreie Kultur ist kein Luxus – sie ist gelebte Inklusion und ein Geschenk für alle.
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